Hochzeit vor und nach der Geburt eines Kindes
Dieser Leitfaden erklärt die rechtlichen Unterschiede und Konsequenzen einer Eheschließung vor oder nach der Geburt eines gemeinsamen Kindes nach österreichischem Recht. Während uneheliche Kinder in Österreich ehelichen Kindern rechtlich vollständig gleichgestellt sind, bestehen dennoch einige verfahrenstechnische Unterschiede, die für werdende oder frischgebackene Eltern relevant sein können.
Rechtliche Situation bei Heirat vor der Geburt
Wenn die Eltern zum Zeitpunkt der Geburt ihres Kindes miteinander verheiratet sind, treten automatisch mehrere rechtliche Wirkungen ein:
Obsorgerecht
Beide Elternteile sind automatisch mit der Obsorge (Sorgerecht) betraut, wenn sie zum Zeitpunkt der Geburt des Kindes miteinander verheiratet sind. Dies bedeutet, dass beide Eltern gleichermaßen für die Erziehung, Pflege, gesetzliche Vertretung und Vermögensverwaltung des Kindes verantwortlich sind.
Vaterschaft
Bei einer bestehenden Ehe vermutet das Gesetz die Vaterschaft des Ehemannes der Mutter. Der Ehemann wird automatisch als Vater in die Geburtsurkunde eingetragen, ohne dass weitere Schritte notwendig sind. Diese gesetzliche Vermutung gilt auch dann, wenn der Ehemann nicht der biologische Vater sein sollte.
Familienname des Kindes
Das Kind erhält in der Regel den gemeinsamen Familiennamen der Eltern. Führen die Ehepartner unterschiedliche Namen, müssen sie bestimmen, welchen Familiennamen das Kind bekommen soll.
Rechtliche Situation bei Heirat nach der Geburt
Wenn die Eltern bei der Geburt des Kindes nicht miteinander verheiratet sind, ergeben sich folgende rechtliche Konsequenzen:
Obsorgerecht
Bei unverheirateten Eltern ist zunächst nur die Mutter mit der Obsorge betraut. Der Vater kann jedoch gemeinsam mit der Mutter auf verschiedenen Wegen das gemeinsame Sorgerecht erlangen:
- Die Eltern können vor dem Standesbeamten persönlich und unter gleichzeitiger Anwesenheit nach einer Belehrung über die Rechtsfolgen einmalig bestimmen, dass sie beide mit der Obsorge betraut sind.
- Durch spätere Eheschließung erlangen beide Elternteile automatisch ab diesem Zeitpunkt die gemeinsame Obsorge.
- Die Eltern können dem Gericht eine Vereinbarung über die gemeinsame Obsorge vorlegen.
Vaterschaft
Bei nichtehelichen Kindern steht rechtlich zunächst nur die Mutter fest. Die Vaterschaft muss durch ein offizielles Vaterschaftsanerkenntnis festgestellt werden. Der Vater gibt dazu eine Anerkennungserklärung beim Standesamt ab. Dies ist ein formaler Akt, bei dem der biologische Vater offiziell seine Vaterschaft anerkennt und dadurch rechtlich zum Vater des Kindes wird.
Familienname des Kindes
Bei nichtehelichen Kindern erhält das Kind zunächst den Familiennamen der Mutter. Heiraten die Eltern nach der Geburt des Kindes, kann der Familienname des Kindes erneut bestimmt werden. Wichtig: Durch die nachträgliche Heirat der Eltern kommt es zu keiner automatischen Änderung des Familiennamens des Kindes. Eine Namensänderung erfordert eine aktive Namensbestimmung durch die Eltern. Ohne diese behält das Kind seinen bislang geführten Namen bei.
Praktische Überlegungen
Gleichstellung unehelicher und ehelicher Kinder
Es ist wichtig zu wissen, dass uneheliche Kinder in Österreich seit vielen Jahren ehelichen Kindern rechtlich vollständig gleichgestellt sind. Aus rechtlicher Sicht macht es für das Kind keinen Unterschied, ob die Eltern vor oder nach der Geburt heiraten oder überhaupt nicht heiraten.
Anmeldung zur Eheschließung
Die Anmeldung zur standesamtlichen Trauung sollte idealerweise sechs Monate vor dem gewünschten Trauungstermin vorgenommen werden, da die Feststellung der Ehefähigkeit nur maximal sechs Monate gültig ist. In größeren Städten beträgt die durchschnittliche Wartezeit zwei bis sechs Wochen.
Ehefähigkeit
Das gesetzliche Heiratsalter in Österreich beträgt 18 Jahre. Für Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren besteht die Möglichkeit, mit einer gerichtlichen Ehefähigkeitserklärung zu heiraten, wenn der zukünftige Ehepartner bereits volljährig ist und der Jugendliche für die Ehe reif erscheint. Hierbei ist in der Regel die Zustimmung der Obsorgeberechtigten erforderlich.
Schlussfolgerung
Die Entscheidung, vor oder nach der Geburt eines Kindes zu heiraten, sollte nicht von rechtlichen Bedenken hinsichtlich des Kindeswohls beeinflusst werden, da uneheliche Kinder in Österreich ehelichen Kindern vollständig gleichgestellt sind. Bei einer Heirat nach der Geburt sind lediglich einige zusätzliche Formalitäten wie die Anerkennung der Vaterschaft und gegebenenfalls die Namensbestimmung zu beachten.
Die Eheschließung selbst bleibt eine persönliche Entscheidung der Eltern, die unabhängig vom Zeitpunkt der Geburt getroffen werden kann. Das österreichische Recht bietet flexible Möglichkeiten, die rechtliche Situation des Kindes und die elterlichen Rechte und Pflichten zu regeln, unabhängig vom Familienstand der Eltern.
